Gaming mit Herzblut

Retro Games und ihr Einfluss auf die Unterhaltungsindustrie

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Die Radio-Hörer unter euch wissen natürlich, dass gestern wieder eine neue Ausgabe meiner Radiosendung „Nonsense – Das Spielemagazin“ lief. Dieses Mal habe ich mich gemeinsam mit dem lieben moep0r eine volle Stunde lang mit dem Thema Retro Gaming beschäftigt. Einem Thema, das mir sehr am Herzen liegt. Unsere wertvollsten Erkenntnisse würde ich an dieser Stelle gerne mit euch teilen. Im Anschluss gibt es auch noch einmal die gesamte Sendung, ohne Musik, zum nachhören.

Basis für einen Artikel, der sich mit dem Thema Retro-Gaming beschäftigt, ist die Frage: Was ist „Retro“ eigentlich? Von was für Spielen reden wir? Als „Retro“ wird in der Videospielbranche eigentlich alles bezeichnet, was vor 1990 erschienen ist. Von da an wurden die Grafikchips in PCs leistungsfähiger und die „8-Bit-Ära“ mit Pong und Frogger neigte sich dem Ende zu.

Doch natürlich gibt es auch für das Wort „Retro“ viele Definitionen. Für mich persönlich, die erst in den 90er Jahren geboren wurde, zählt alles bis zur Jahrtausender Wende als Retro. Wenn wir in die Zukunft blicken, wird all das, was heute noch „Next Gen“ und total innovativ ist, vermutlich auch als Retro gelten. Doch beschränken wir uns auf das Hier und Jetzt im Jahr 2016.

Videospiele als Außenseiter

Das erste „Videospiel“ wurde 1946 für einen Röhrenrechner entwickelt. Das Problem damals war jedoch, dass Fernseher und insbesondere PCs noch sehr neu waren und zu großen Teilen kategorisch von der älteren Bevölkerung abgelehnt wurden. Daher kam es, dass sich insbesondere technikaffine, junge Nerds dem Medium widmeten und das Potenzial dahinter erkannten. Leider handelte es sich dabei um eine recht kleine Randgruppe, was zur Folge hatte, dass Videospiele zu großen Teieln verpönt wurden und als uncool galten.

Lange hieß es, das Medium könne niemals eine breite Masse erreichen und es gab eine Zeit, in der es tatsächlich danach aussah, als würde der Videospiel-Markt zusammenbrechen. Die Videospiel-Szene begann erst einige Jahre später, 1970, Dank der relativ preisgünstigen Fernsehtechnologie zu boomen. Das erste erfolgreiche Spiel war Pong von Atari. Das Interesse an dem Medium wuchs und damit auch die Experimentierfreude. Es folgten viele weitere großartige Titel, zum Beispiel Pacman oder Space Invaders. Zwei Spiele, die die Entwicklung der Videospiele im Nachhinein maßgeblich geprägt haben.

Entwicklung in der Entwicklung

Die Auswahl an Videospielen wurde größer und damit auch das Angebot und die Nachfrage. Heutzutage wird der Blick in die Vergangenheit oft durch Nostalgie getrübt. Dabei waren Videospiele damals alles andere als makellos. Kein Wunder, das Medium steckte schließlich noch in den Kinderschuhen. Das Spiel Prince of Persia war es, das neue Maßstäbe setzte. Das Spiel wurde 1980 von Broderbund veröffentlicht und setzte neue Maßstäbe im Bereich der Plattformenspiele.

Spieleentwickler Jordan Mechner studierte erstmals Filmaufnahmen von Läufen und Sprüngen seines Bruders, um die Animation der Spielfigur dann möglichst realistisch wirken zu lassen. Das Spiel hat heute Kultstatus erreicht und das trotz Ein-Mann-Teams. Heute sitzen an Spielen wie Assassins Creed bis zu fünf verschiedene Teams mit über 800 Mitarbeitern. Spiele sind dadurch zu Millionen-Euro Produkten geworden, die auch dementsprechend viel einspielen müssen. Kein Wunder, dass da so einiges an Individualität verloren geht, die damals die Spiele noch besonders machten.

Doch die Team-Größe ist nicht die einzige Veränderung in der Videospielbranche. Dank dem Internet hat sich unsere Zockverhalten drastisch verändert. Während Spiele damals Jahre zur Entwicklung benötigten, werden Spiele heute oft unfertig auf den Markt geworfen. Damals konnte man nun mal keine Patches oder DLCs online zur Verfügung stellen. Entweder das Spiel war fertig oder eben nicht. Heutzutage haben sich Pay-to-win Mechaniken durchgesetzt, die den Spielern immer wieder kleinere Cent-Beträge abfordern, damit sie in Spielen Fortschritte erleben.

Was sich jedoch erheblich verbessert hat, was viele der heutigen Spieler vielleicht auch schon vergessen haben, ist der Luxus Speicherstände. Das war damals nicht selbstverständlich. Vor einigen Jahrzehnten haben viele Spiele keine Speicherstände zugelassen, weshalb man die Konsole dann über Nacht an lassen musste, um am nächsten Tag an derselben Stelle weitermachen zu können. Heute ist sowas natürlich absolut undenkbar. Doch das ist nicht das einzige was sich geändert hat. Die meisten Mechanismen in Retro-Games sind heutzutage überholt und werden nicht mehr benutzt.

Wer damals also in Rätseln nicht weiter kam, der hatte halt Pech gehabt. Heute können Lösungen einfach in Sekunden Schnelle gegoogelt werden. Ein anderes Spiel, das die Dynmaik des Spielgeschehns damals maßgeblich prägte, war Sid Meier’s Pirates. Denn dort entwickelte sich auch abseits der Einflussnahme des Spielers die Spielwelt weiter. Dörfer wurden zu Großstädten, die politischen Geschehnisse bewirkten immer neue Chancen für die eigene Piratenkarriere und es gab wechselhaftes Wetter. Pirates zeichnet sich durch seine nichtlineare Handlungsvielfalt- und freiheit aus.

Retro ist kein Synonym für gut

Damals, besonders als Spiele noch ein völlig neues Medium waren, wurde auch sehr viel Schrott produziert. Das kann man leider nicht anders sagen. Ganz oben auf dieser Liste steht wohl E.T. von Atari. Das Spiel wurde aufgrund seines gravierenden Misserfolgs sogar häufig mit dem Video Game Crash von 1983 in Verbindung gebracht und gilt immernoch als eines der schlechtesten Spiele aller Zeiten.

Mehrere Tausend überschüssige Module wurden 1983 in der Wüste von New Mexico vergraben. Eine Ende, das sich kein Spiel wünscht, aber leider doch mehr als genug verdient hätten. E.T. ist leider kein Einzelfall, gerade wenn es um Spiele-Verfilmungen geht. Rocky, Rambo und Conan reihen sich unter anderem ebenfalls in diese endlos lange Liste ein.

Je Retro desto neu

Heute gehören Videospiele zum umsatzstärksten Produkt der Unterhaltungsindustrie. Das verdanken wir zum einen verbesserten Grafiken, schöneren Storys und nutzerfreundlicherem Gameplay, doch vor allem auch den Retro-Spielen, die noch immer eifrig gekauft werden. Es gibt Remakes, Reboots, Sequels, Retro Look-a-Likes, Homebrows oder Fan-Remakes von alten Spielen. Manche Firmen entwickeln sogar für die Sega Mega Drive Konsole auf originalen Modulen nach wie vor Spiele und Dank Plattformen wie Steam oder Crowd Funding Plattformen werden immer wieder Spiele produziert, die auch vor zwanzig Jahren schon hätten erscheinen können. Stardew Valley zum Beispiel. Das ganze gäbe es nicht, wenn das Prinzip nicht auch Anklang und vor allem Käufer finden würde.

Spiele und die Musik

Spiele hatten übrigens auch einen sehr großen Einfluss auf die heutige Musik. Techno war in den 80er Jahren schwer im kommen und die DJs von heute sind mit den synthetischen Sounds praktisch aufgewachsen. Kein Wunder also, dass uns so manches Lied an das ein oder andere Game von damals erinnert. Popikone Michael Jackson hat diesen Markt schon früh erkannt und seiner Zeit ein eigenes Videospiel mit dem Titel „Moonwalker“ heraus gebracht. Die Musik in Spielen war also nicht das einzige, was sich über Jahre veränderte, sondern auch die Musik über die Spiele hinaus.

Abschließend lässt sich festhalten, bei Retro geht es nicht nur um alte Spiele, sondern viel mehr um die Idee, die dahinter steckt: Der Wunsch, etwas Neues, unabhängiges zu erschaffen. Was verbindet ihr mit dem Begriff „Retro Gaming“? Über eure Antworten in den Kommentaren würde ich mich freuen.

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